LIECHTENSTEIN Die Fürstlichen Sammlungen
Die Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein, eine der schönsten Privatsammlungen der Welt, öffnen für die Besucherinnen und Besucher des Kunstmuseums Bern ihre Tore. Über Generationen hat das Hause Liechtenstein Gemälde, Graphiken, Skulpturen, Tapisserien und andere kunsthandwerkliche Arbeiten gesammelt und damit eine Privatsammlung geschaffen, die zu den weltweit bedeutendsten gehört. Die gross angelegte Schau gibt Einblicke in diese glanzvolle Welt.
Das Liechtensteinische Fürstenhaus zählt zu den ältesten Adelsfamilien. Ihr Aufstieg setzte im 12. Jahrhundert ein. Ihre Erhebung in den Fürstenstand erfolgte im Jahr 1608. Heute zählt das Haus über hundert Mitglieder, von denen nur ein Teil im Fürstentum Liechtenstein lebt. Die Fürstlichen Sammlungen Liechtenstein, wie sie heute bestehen, sind das Ergebnis einer seit über vierhundert Jahren anhaltenden, leidenschaftlichen Sammeltätigkeit. Geprägt von den einzelnen Fürsten des Hauses Liechtenstein mit ihren individuellen Vorlieben und Abneigungen, haben sich ihre Bestände über die Jahre gewandelt. Es wurden Werke gekauft, getauscht, verkauft oder verschenkt und auch wiedererworben. Entsprechend vielfältig sind die Bestände, die von der Gotik und Frührenaissance über die Barockzeit bis hin zum Biedermeier reichen. Zum heutigen Zeitpunkt umfassen die Sammlungen etwa 1700 Gemälde, wertvolle italienische Bronzen sowie imponierende Pietra-dura-Arbeiten, Emaillen, Elfenbeine, Porzellane, Tapisserien und Möbel, die einst zur Ausstattung der Residenzen der Familie gehörten.
1705 vereinigte Fürst Johann Adam Andreas I. (1657-1712) einen Grossteil der Kunstwerke im Wiener Stadtpalais der Familie (heutige: Bankgasse). Rund hundert Jahre später wurden die Sammlungen unter Fürst Johann I. (1760- 1836) in das sogenannte Gartenpalais in der Rossau in Wien transferiert und 1810 in musealem Betrieb der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nach einem kriegsbedingten Unterbruch ist noch heute ein Teil davon in diesem eindrücklichen Barockpalais zu bewundern. Nach aufwendigen Renovierungsarbeiten ist seit April 2013 nun auch ein Besuch des Stadtpalais im Rahmen von gebuchten Führungen möglich. Die Familie Liechtenstein, die ihren Wohnsitz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich 1938 nach Vaduz verlegte, führt ihre Sammeltätigkeit bis heute, im Sinne des Erhalts und der Ergänzung ihrer hochkarätigen Sammlung, fort.
Für die Berner Ausstellung wurden aus den immensen Beständen der Sammlungen über 200 Kunstwerke ausgewählt. Die Ausstellung führt über zwei Ausstellungsgeschosse und bietet einen repräsentativen Querschnitt durch die immensen Schätze des regierenden Fürsten Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein, von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Den thematischen Auftakt bildet die Fürstliche Selbstrepräsentation, die sich sowohl im Bau und der Einrichtung standesgemässer Wohnsitze als auch im Anlegen einer Kunstsammlung und der Wiedergabe der Familienmitglieder in Porträts spiegelt. Auf dem Rundgang durch die 18 thematisch angelegten Räume und Kabinette präsentieren sich den Besucherinnen und Besuchern verschiedene Sammlungsschwerpunkte. Zu sehen sind unter anderem, bedeutende Arbeiten von Peter Paul Rubens zu mythologischen Themen, Interieurszenen von Adriaen van Ostade, Landschaften von Pieter Brueghel d. J. sowie Werke von Jacques Jordaens und Anthonis van Dyck zu religiösen Themen. Ergänzt wird die Ausstellung durch Skulpturen, Möbel und herausragende kunsthandwerkliche Arbeiten.
Ziel des Ausstellungsaufbaus ist es, den Charakter dieser einzigartigen Familiensammlung beizubehalten, um die Breite der Sammlung zu verdeutlichen, sowie einzelne Stücke in den Mittelpunkt zu stellen und damit den Kult des schönen Objekts zu zelebrieren. Die Besucherinnen und Besucher werden nicht nur durch die Geschichte der Kunst aus fünf Jahrhunderten geführt, sondern wird auch ein Teil der Familiengeschichte der Liechtensteins erzählt. So ist jedes Ausstellungsobjekt kunstgeschichtlich eingebettet, birgt aber stets auch seine eigene Geschichte.
Eine davon ist die Geschichte des Porträts der Fürstin Karoline von Liechtenstein (1768–1831), gemalt von der Künstlerin Elisabeth Vigée-Lebrun. Das von ihrem Ehemann Fürst Alois I. von Liechtenstein (1759-1805) in Auftrag gegebene Gemälde zeigt sie als griechische Göttin Iris. Ihre Füsse sind unbedeckt, das fliessende Gewand zart und durchscheinend. Wie in den Memoiren der Künstlerin überliefert ist, führte dies bei den Oberhäuptern der Familie zu grosser Irritation. Um diesen Unmut zu glätten, liess der Ehemann unter dem Porträt ein Paar Ballschuhe anbringen, was den Eindruck erweckte, dass diese seiner schönen Gattin soeben von den Füssen geglitten und im Begriff waren, auf den Boden zu fallen. Das Werk verblieb in den Sammlungen und findet nun, nebst vielen anderen, seinen Weg ins Kunstmuseum Bern. Geschichten wie diese verleihen der Fürstlichen Sammlung ihre einzigartige Aura.
KuratorInnen: Regula Berger, Matthias Frehner, Rainer Lawicki, Kunstmuseum Bern
Kontakt:
Maria-Teresa Cano, Leiterin Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, press@kunstmuseumbern.ch, T+41 31 359 01 89