Passion Bild. Russische Kunst seit 1970- Die Sammlung Arina Kowner
Von der Sowjetunion zu Russland
Das Kunstmuseum Bern gewährt Einblick in eine der bedeutendsten Sammlungen russischer Gegenwartskunst. Die Sammlung von Arina Kowner umfasst über 200 Werke von 48 Künstlerinnen und Künstlern aus den Jahren 1970 bis 2008. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt in der Wendezeit (1984–1996) und stellt damit eine kunsthistorische Dokumentation dieser einmaligen Epoche des Aufbruchs dar. Die Ausstellung setzt die Reihe von Ausstellungen russischer Gegenwartskunst in Bern fort.
Die Zürcher Sammlerin Arina Kowner, selber russischer Abstammung, kennt
oder kannte viele der Kunstschaffenden, von denen sie Werke besitzt. «Zumeist ist eine persönliche Begegnung mit dem Kauf eines Werkes
verbunden», erklärt sie und bezeichnet ihre Sammlung denn auch als «eine Dokumentation von Erinnerungen, die mein Leben prägten».
Dialog über Grenzen hinweg
Leningrad und Moskau
waren die beiden Zentren, in denen sich Künstler aus der ganzen
Sowjetunion zusammenfanden. In beiden Städten entwickelten sich in
Thematik und Bildsprache unterschiedliche Kunstströmungen, die sich in
der Sammlung widerspiegeln.
Gezeigt werden in der Ausstellung zum einen bekannte russische
Nonkonformisten, die den von der Partei geforderten sozialistischen
Realismus ablehnten und bis 1989 im Untergrund tätig waren. Darunter
sind Kunstschaffende wie Grisha Bruskin, Vladimir Nemukhin, Dmitri
Prigov und Edik Steinberg. Zum anderen sind hierzulande noch wenig
bekannte Leningrader Künstler mit Werken vertreten. So Sergei Bugaev,
genannt «Afrika», oder Timur Novikov, die Zentralfigur der Lenigrader
Kunst- und Kulturszene, aber auch der grosse Provokateur Vladislav
Mamyshev, der sich «Monroe» nennt, und auch als solche auftritt.
Das Interesse der Sammlerin geht aber über russische Gegenwartskunst
hinaus. In der Kunst, die sie in den Bann zieht, werden nie nur die
Probleme der veränderten Lebensbedingungen in Russland thematisiert,
sondern es werden auch grosse Daseinsfragen gestellt. So lag es auf der
Hand, dass sich die Sammlerin auch für westliche Kunst interessierte. In der Ausstellung treten deshalb Werke aus Arina Kowners Sammlung von
Künstlern wie Alois Lichtsteiner, Robert Mangold, Bruce Nauman, Markus
Raetz und Andy Warhol in einen Dialog mit den russischen Positionen.
Bern als Schlüsselort der russischen Avantgarde
Ausstellungen inoffizieller Kunst aus Moskau und Leningrad, die in der Glasnost- und
Perestroikaphase im Westen möglich wurden, waren das grosse Kunstthema
der 1980er- und frühen 1990er-Jahre. Die erste grosse Ausstellung von
Ilya Kabakov im Westen fand 1984 auf Initiative des Schweizer Diplomaten Paul Jolles in der Kunsthalle Bern statt. Bern wurde zu einem
Schlüsselort der russischen Avantgarde. 1988 präsentierte das
Kunstmuseum Bern die legendär gewordene Schau Ich lebe – Ich sehe. Künstler der achtziger Jahre in Moskau. Die sich anbahnenden Umbrüche liessen sich bereits erahnen. 2005 folgte die Ausstellung Avantgarde im Untergrund – die Sammlung Bar-Gera. Die jetzige Präsentation setzt so die Reihe von Ausstellungen mit russischer Gegenwartskunst fort.
Mit Werken u.a. von: Grisha Bruskin, Sergei Bugaev (genannt «Afrika»), Alois Lichtsteiner, Vladislav Mamyshev, Robert Mangold, Bruce Nauman, Vladimir Nemukhin, Timur Novikov, Dmitri Prigov, Markus Raetz, Edik Steinberg und Andy Warhol.