Albert Anker – Schöne Welt. Zum 100. Todestag und Chantal Michel – Honig, Milch und erste Veilchen. Eine Auseinandersetzung mit Albert Anker 7. Mai – 5. September 2010
Nah bei den Menschen
Das Kunstmuseum Bern zeigt zum 100. Todestag von Albert Anker eine grosse Retrospektive über das vielfältige Werk dieses zentralen Schweizer Künstlers. Die Ausstellung greift einige typische Anker-Themen auf und verdeutlich, dass Anker ein brillanter Maler war. Ergänzt wird die Präsentation mit Videoarbeiten der Berner Performance- und Medienkünstlerin Chantal Michel.
Ausgangspunkt der Ausstellung ist die Anker-Schau, die
das Kunstmuseum Bern 2007-2008 für vier japanische Museen veranstaltet
hat und die dort einen grossen Erfolg verzeichnete. Zu sehen sind
Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle und Fayencen. Die Ausstellung ist
zweifellos ein Höhepunkt im Jahr der Feierlichkeiten rund um den 100.
Todestag von Anker.
Photographische Präzision
Anker stellte die Welt mit photographischer Präzision dar. Als Maler war er Zeuge der sozialen Veränderungen seiner Zeit. Ins, ein Ort im
Seeland, der im 19. Jahrhundert grosse Entwicklungen durchmachte, war
Ankers Heimatdorf. Zeitlebens hat er aktiv am Dorfleben teilgenommen,
auch wenn er lange im Winterhalbjahr jeweils in Paris lebte und
arbeitete. Häufig dokumentierte er Momente des unbeschwerten
Zusammenlebens unterschiedlicher Generationen in der Dorfgemeinschaft.
Viele seiner Gemälde zeigen Kinder in der Schule, auf Schulausflügen,
beim Lernen oder Spielen. Als Sekretär der Schulkommission in Ins war er mit dem Bildungswesen vertraut. So widerspiegeln seine Gemälde die
Entwicklung des Schulwesens der Schweiz und vermitteln ein damals neues
Verständnis von Kindererziehung, Bildung und spielerischem Lernen.
Der Mensch im ländlichen Alltag
Anker hat mit viel Empathie Bildnisse der Leute geschaffen, die ihn seinem ländlichen Alltag umgaben. Vor allem seine
Kinderdarstellungen sind einzigartig in der Kunst des 19. Jahrhunderts.
Anker erfasste das Kind als kleine Persönlichkeit, unabhängig von der
Rolle innerhalb seiner sozialen Schicht, Alter und Geschlecht. Die
menschliche Präsenz ist auch in seinen Stillleben spürbar u. a. weil die dargestellten Gegenstände vom Gebrauch gezeichnet sind. Ankers
Darstellungen sind glaubwürdig und wirken vertraut. Wahrheit und
Schönheit stehen bei ihm nicht im Widerspruch. Sein intimer und
lichterfüllter Realismus berührt noch heute dank seiner Nähe zum
Menschen.
Zeitgenössischer Traum von Chantal Michel
Die Brücke in die Gegenwart wird von Chantal Michel geschlagen. Die
Berner Performance- und Medienkünstlerin stellt sich der
Herausforderung, eine angemessene zeitgenössische Antwort auf einen
Altmeister der Schweizer Kunstgeschichte zu formulieren. Chantal Michel
beschäftigt sich schon lange und intensiv mit Anker. Sie selbst begreift ihre Videoinstallation, die sie eigens für die Ausstellung geschaffen
hat, als «zeitgenössischen Traum in Ankers Bildwelt». Ihre Arbeit
umfasst sechs Projektionen von insgesamt vierzig verschiedenen
Videofilmsequenzen.