Fenster zur Gegenwart: Kunstmuseum Bern @ PROGR - Quynh Dong, Karaoke Night (2009), Filmprojektion, 04.10.–20.10.2012
Kunst des Ausharrens
Das Kunstmuseum Bern präsentiert im Fenster zur Gegenwart im PROGR die Videoarbeit Karaoke Night (2009) der Berner Künstlerin Quynh Dong. Der Film aus der Sammlung der Bernischen Stiftung für Foto, Film und Video FFV im Kunstmuseum Bern zeigt die junge Kunstschaffende in einer Selbstinszenierung, wie sie alleine in einem arrangierten Karaokeraum eine Nacht lang vietnamesische Liebeslieder singt. Quynh Dong bringt ihre Sehnsucht nach ihrer Heimat Vietnam zum Ausdruck und persifliert gleichzeitig deren beliebte Unterhaltungsform Karaoke.
Als Performance- und Videokünstlerin beschäftigt Quynh Dong sich in ihren Werken mit dem Wesen der Erinnerung und der Frage nach kultureller Verortung. Ihre Arbeiten erzählen poetisch und humorvoll von Sehnsucht, Begegnungen, Fernweh, geografischer Distanz und kultureller Differenz.
Vietnamesische Liebeslieder am Karaokehimmel
In der Videoarbeit Karaoke Night (2009) dokumentiert Quynh Dong ihren künstlerischen Selbstversuch, bei welchem sie eine Nacht in einem inszenierten Karaokeraum ausharrt und alleine vietnamesische Liebeslieder singt. Kitschige Lichterketten leuchten und die junge Frau trägt voller Inbrunst die Songs aus ihrer Heimat vor. Ihre Begeisterung lässt mit der Zeit nach und am Morgen scheint die Illusion über die Liebe und die Poptraumwelt des Karaokes der Ernüchterung gewichen.
Quynh Dong greift die Themen der Isolation und des transkulturellen Austausches auf und bringt so ihre Verbundenheit zu ihrem Heimatland Vietnam zum Ausdruck. Gleichzeitig wird die Begeisterung ihrer Landsleute für Karaoke sanft verspottet.
Arbeit von Bill Viola als Inspiration
Quynh Dong setzt sich im Rahmen ihres Films mit der Videoarbeit Reasons for Knocking at an Empty House (1983, s/w, Ton, 19 Min., Kunstmuseum Bern, Bernische Stiftung für Foto, Film und Video FFV) von Bill Viola, einem der führenden Vertreter der Videokunst, auseinander. Viola beschäftigte sich mit den Themen Zeit und Dauer sowie der Frage, wie diese visuell umgesetzt werden können. Während dreier Tage und Nächte blieb der amerikanische Künstler ohne soziale Interaktion in einem Raum und hielt dies mit einer Überwachungskamera fest. Diese Versuchsanordnung übersetzt Quynh Dong in Karaoke Night (2009) in ein zeitgenössisches und auf ihre eigene Geschichte zugeschnittenes Setting.
Kurzbiografie – Quynh Dong
Quynh Dong wurde 1982 in der Hafenstadt bei Hanoi, Hai Phong, geboren und lebt seit 1990 in der Schweiz. Sie wuchs in Bern auf und ging auch hier zur Schule. Nach dem Studiengang Fine Art an der HKB absolvierte sie den Master of Arts in Fine Arts in Zürich und schloss 2010 erfolgreich ab. 2008 wurde Quynh Dong mit dem Hauptpreis des Aeschlimann Corti Stipendiums ausgezeichnet. 2013 bis 2015 wird sie in Amsterdam ein Atelierstipendium an der Rijksakademie absolvieren.
Kontakt: Brigit Bucher, , T +41 031 328 09 21
Bilder: Marie Louise Suter, , T +41 31 328 09 53