Martha Stettler Eine Impressionistin zwischen Bern und Paris
Das Kunstmuseum Bern zeigt zum ersten Mal eine umfangreiche Retrospektive der in Bern geborenen und zeitlebens in Paris tätigen Malerin Martha Stettler (1870–1945). Ihr Schaffen, das den Spätimpressionisten zuzurechnen ist, war zu Lebzeiten breit bekannt und so macht die Ausstellung ihren Stellenwert in der Schweizer Malerei des ersten Viertels des 20. Jahrhunderts deutlich. Ihr Vater und grosser Förderer war der Architekt Eugen Stettler, Erbauer des Kunstmuseum Bern von 1879.
Sie erhielt zahlreiche namhafte Auszeichnungen
auf internationalen Ausstellungen und konnte als erste Schweizerin 1920 an der Biennale di Venezia ausstellen. Sie war Mitbegründerin
sowie während 40 Jahren Leiterin der Académie
de la Grande Chaumière in Paris, zu deren Schülern unter anderem
Balthus, Louise Bourgeois, Alexander Calder, Alberto Giacometti,
Germaine Richier und Meret Oppenheim gehörten.
Martha Stettler war zu Lebzeiten eine sowohl in Bern als auch in Paris
bekannte Persönlichkeit. 1893 reiste sie mit ihrer baltischen Lebenspartnerin,
der Malerin Alice Dannenberg, nach Paris, um sich dort weiter
ausbilden zu lassen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Obwohl
sie Unterstützung durch ihre Familie erfuhr, erhielt sie als Frau nicht die
gleichen Ausbildungschancen wie ihre männlichen Kollegen. Sie setzte
sich jedoch erfolgreich durch und nahm mit ihrem gemässigten impressionistischen
Stil am damaligen Kunstbetrieb teil. Gleichzeitig setzte
sie sich immer wieder für die Rolle der Künstlerin ein.
Im Fokus dieser Ausstellung stehen die Bilder, die in Paris entstanden.
Die Malerin bevorzugte Freilichtszenen, in denen der Jardin du
Luxembourg, die Tuilerien-Gärten und der Schlosspark von Versailles
die bevorzugten Schauplätze sind. Daneben sind Interieurs und
Stillleben zu sehen. Eine Einführung widmet sich der Berner Herkunft
und der Ausbildung in Paris, ein Kabinett zeigt das künstlerische
und persönliche Umfeld von Martha Stettler. Die Werkauswahl
stammt in erster Linie aus den Beständen des Nachlasses, des
Kunstmuseum Bern und aus Schweizer Privatbesitz. Zusätzlich können
einige wichtige Werke aus dem Ausland erstmals gemeinsam
präsentiert werden. Die Ausstellung vermittelt einerseits Einblick in
das Werk einer Malerin, die von der offiziellen Kunstgeschichte bislang
wenig beachtet worden ist, andererseits in ein Stück Frauengeschichte
Ende des 19. und anfangs des 20. Jahrhunderts.
Kuratorin: Corinne Linda Sotzek