Neues zu Wölfli
Kunst, Wahnsinn – Chocolade. Adolf Wölfli
Die Adolf Wölfli-Stiftung geniesst seit ihrer Gründung 1975 Gastrecht im Kunstmuseum Bern. 2013 schenkten die Erben Paul Haldemanns der Adolf Wölfli-Stiftung die Zeichnung "Vusli=aana: Vulkan. Gross-Gross-Keiserinn Adolfina". Als Sohn des Pförtners der psychiatrischen Heilanstalt Waldau, hatte Haldemann Adolf Wölfli persönlich kennengelernt und 1920 von ihm die Zeichnung erhalten. Während seiner Ausbildung zum Lehrer hielt Haldemann 1924 einen Vortrag über Wölfli und seine Kunst; erstmals wird dieser Vortrag und die Zeichnung in der aktuellen Präsentation öffentlich zugänglich gemacht.
Paul Haldemann gibt im Vortrag Einblick in Wölflis Persönlichkeit und Schaffen. Er schildert seine Begegnung mit dem Künstler, erklärt drei seiner Zeichnungen und schlägt eine andere Sicht auf Menschen in psychiatrischen Heilanstalten vor. Ihm vorausgegangen war Ein Geisteskranker als Künstler, Walter Morgenthalers pionierhafte Studie über Adolf Wölfli. 1921 publiziert und von Haldemann in seinem Vortrag zitiert, hatte diese Monografie Anfang der 1920er Jahren für einiges Aufsehen gesorgt. In Psychiatriekreisen eher belächelt, wurde sie von Künstlern und Intellektuellen mit Begeisterung aufgenommen. Zudem wurde Ein Geisteskranker als Künstler 1921 zusammen mit Zeichnungen Wölflis in Buchhandlungen in Bern, Basel und Zürich präsentiert; es waren dies die ersten Ausstellungen Wölflis. Ausgestellt ist Morgenthalers eigenes Exemplar der Publikation. Auch Theodor Tobler, Inhaber der gleichnamigen Schokoladefabrik in Bern (Toblerone!), besuchte Wölfli in der Waldau. Im Firmenmagazin Jurnalo Tobler, das in der kleinen Präsentation ebenfalls zu sehen ist, berichtete er unter dem Titel «Kunst, Wahnsinn – Chocolade » über seine Begegnung mit dem Künstler und publizierte die für ihn angefertigte Zeichnung mit u.a. der Fabrik an der Länggassstrasse (heute «Uni Tobler»).
Diese unterschiedlichen Publikationen, Vorträge und Berichte ermöglichten und waren Teil einer neuen Sicht auf die Kunst, die Psyche und das Menschsein überhaupt. Mit dem um sich greifenden Faschismus kam diese Entwicklung jedoch zum Stillstand, womit es nach 1930 auch still um Wölflis Werk wurde. Ein bedeutender Neuanfang erfolgte nach dem Zweiten Weltkrieg durch den französischen Künstler Jean Dubuffet. Ausgehend von seiner Idee einer «Art brut» stellte er die bis heute bedeutendste Sammlung von Kunst gesellschaftlicher Aussenseitern zusammen. 1975 schenkte er sie der Stadt Lausanne. Zu sehen sind eine Reihe seiner Publikationen, die zeigen, wie mit welcher Professionalität und Sinn für Grafik Dubuffet seine Vorstellung einer «Art brut» vertrat.
2014 jährt sich Wölflis Geburtstag zum 150. Mal. Aus diesem Anlass finden verschiedene Veranstaltungen statt, erster Höhepunkt ist am Wochenende vom 28. und 29. August 2014. Nähere Angaben auf www.150woelfli.ch
Freitag, 29. August (Kunsthalle Bern)
12stündige Lesung aus Adolf Wölfli Von der Wiege bis zum Graab von 18h bis 6h morgens
Samstag, 30. August (Kunsthalle Bern)
16h, Kokosnüsse Balts Nill und Lorenz Pauli. Für Kinder (7-10)
18h, 5x Musik und Text zu Adolf Wölfli mit Eric Förster, Kjell Keller u.a.
20h, Bern ist überall. Texte zu Wölfli von Gerhard Meister, Antoine Jaccoud, Michael Stauffer, Ariane von Graffenried, Michael Pfeuti und Adi Blum
22h, Konzert Fred Frith
Sonntag, 31. August (Waldau, Psychiatrie-Museum und Waldaukappelle)
15h, Führung durch das Schweizerische Psychiatrie-Museum Bern
18h30, Waldaukapelle: Trio Montin (Christine Ragaz, Violine; Rosemarie Burri, Klavier; Matthias Schranz, Violoncello) mit Werken von Roland Moser (UA) und Sándor Veress. Daniel Glaus spielt seine Orgelkomposition für Wölfli (UA)