Werner Witschi. Gemälde und Plastiken aus der Sammlung
Aus Anlass des 100. Geburtstags von Werner Witschi (10.6.1906, Urtenen – 24.12.1999, Bolligen) zeigt das Kunstmuseum Bern Gemälde und Plastiken dieses Künstlers aus den Sammlungsbeständen.
Obwohl er zu den wichtigen Berner Eisenplastiker zählt, blieb Witschi innerhalb der Kunstszene immer etwas marginalisiert. Dazu dürfte sein berufliches Engagement beigetragen haben: Nach einer kurzen künstlerischen Lehrzeit in Paris bei André Lhote, Amédée Ozenfant und Roger Bissière arbeitete Witschi seit 1930 als Sekundarlehrer in Bolligen, danach ab 1963 als Zeichenlehrer in Bern und konnte sich bis zu seiner Pensionierung 1971 nur in der Freizeit künstlerisch betätigen. Erst seit den späten vierziger Jahren trat er mit der Ausstellung seiner Werke überhaupt an die Öffentlichkeit.
Bis 1950 war Witschi ausschliesslich Maler und Graphiker. Sein anfangs realistischer Stil wurde in den vierziger Jahren zunehmend expressiver und düsterer: Seine Motive – Landschaften und Menschen, oft in existentiellen Notlagen – übersetzte er in eine stark vereinfachte, synthetische Liniensprache und reduzierte das Kolorit meist auf erdige Töne mit wenigen kräftigen Akzenten. Teilweise streute Witschi dabei die Pigmente in Pulverform direkt auf die noch feuchte Schicht von Zinkweiss, um so eine ungebrochene Farbigkeit mit feinen Abstufungen zu erreichen.
1950 beginnt Witschi, angeregt durch die Begegnung mit der Kunst Dubuffets, mit neuen Materialien zu experimentieren: Drähte, Schnüre und Holzteile, mit denen er seine Figuren und Köpfe in zunehmend abstrakteren Formen auf die Unterlage aus Blech oder Holz ‚zeichnet’, ersetzen von nun an die Farben. 1952/53 entstehen die ersten vollplastischen Figuren; 1953 verwendet er als wohl erster Künstler überhaupt Spiegelelemente. Kontinuierlich bewegt sich Witschi in diesen Jahren von der expressiven Figuration zur konstruktiven, ungegenständlichen Kunst und beginnt systematisch die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten von immer elementareren Formen zu erkunden. Dabei vereinfacht er sein Repertorium an Grundformen zusehends und nähert sich mit seiner geometrischen Formensprache der konkreten Kunst an.
1966 bezieht Witschi die Bewegung in seine Plastiken ein. Im Gegensatz zu den meisten Vertretern der kinetischen Kunst, die damals international auf dem Höhepunkt ihres Erfolges steht, verzichtet er jedoch auf technische Hilfsmittel wie Motoren, sondern konzipiert seine kinetischen Objekte als von Wind oder Menschenhand bewegte Pendel. Beim Experimentieren mit gitterförmigen Pendelelementen entdeckt der Künstler im selben Jahr den Moiré-Effekt. Mit dem aus der Textilkunst entlehnten Begriff ‚Moiré’ bezeichnen die Mathematiker das optische Phänomen, dass übereinander gelegte Gitterstrukturen neue, überraschende Muster erzeugen, die sich bei Verschiebung der Gitter ständig verändern. Das Phänomen des Moirés wird von nun an zum bestimmenden Motiv in Witschis Schaffen, welches der Künstler in allen seinen Aspekten erforscht und so eine ganz eigenständige Verbindung von Kinetik und Op Art schafft.
Aus dem Stiftungsgut der 1987 gegründeten und 2005 aufgelösten Stiftung Werner Witschi hat das Kunstmuseum Bern zur Abrundung seines Bestandes eine Gruppe von 18 weiteren Arbeiten des Künstlers auswählen können.