Medienmitteilung

Herbert Distel. Eine Hommage mit Werken aus der Sammlung, 28.08. – 07.10.2012

Vielseitige Experimentierfreudigkeit

Aus Anlass des 70. Geburtstags des Berner Künstlers Herbert Distel (*1942) zeigt das Kunstmuseum Bern eine Hommage an den vielseitigen Gegenwartskünstler. Als Maler, Filmemacher, Video- und Tonkünstler, Plastiker, Installations- und Konzeptkünstler arbeitet Distel in verschiedensten Medien. Zu seinen bekanntesten Aktionen/Werken zählen das Projekt Canaris (1970) und Das Schubladenmuseum (1970 – 1977). Die ausgestellten Werke aus der Sammlung des Kunstmuseums Bern stammen aus verschiedenen Schaffensphasen und bieten einen kleinen, aber konzentrierten Werküberblick.

Das Ei, das den Atlantik überquerte
Im Zentrum der Hommage steht das hintersinnige Projekt Canaris: 1970 organisiert Herbert Distel die Atlantiküberquerung eines drei Meter langen, mit einer Kamera ausgerüsteten Polyester-Eis, das er am 10. Juni 1970 am westlichsten Punkt der Kanarischen Inseln dem Meer übergab – in der Hoffnung, die Atlantikwinde und -strömungen würden es in der Karibik oder in Mittelamerika wieder an Land spülen. Das Ei wurde schliesslich am 24. Februar 1971 an der Nordküste von Trinidad gefunden, wo es, getrieben von sturmartigen Winden, an den Felsen zerschellte. Für die Vorbereitung der Aktion war der Einbezug verschiedenster, kunstfremder Experten und Personen notwendig. Neu am Projekt Canaris war nicht unbedingt die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Wissenschaftlern, sondern vielmehr die Betreuung der Aktion durch eine PR-Organisation. Distel ist somit einer der ersten, die das Organisieren und Managen von Kunstaktionen als wesentlichen Bestandteil ins Werk integrierte und die Steuerung der Rezeption unabhängig von der Institution eines Museums erprobte. Dieser ganze Prozess bis hin zur Realisierung der Aktion fand ihren Niederschlag in verschiedenen Werken: In der Landkarte (1970) sind der voraussichtliche Kurs, die Driftdauer und das Landungsgebiet für verschiedene Aussetzmonate des Eies eingetragen, die das Deutsche Seewetteramt der Universität Hamburg berechnete. Der vom WDR produzierte Film (1970) zeigt die Reise des Eis von der Schweiz bis zur Wasserung. Eine Übersicht über die umfangreiche Korrespondenz im Zusammenhang mit der Planung sowie die breite Rezeption der Aktion bietet der Ordner mit den Dokumenten, Briefen, Fotos und Zeitungsberichten aus den Jahren 1969 bis 1974.

Frühe Skulpturen, Foto und Film
Distels Frühwerk ist geprägt durch die Auseinandersetzung mit der Skulptur. Waren die Skulpturen anfangs noch weiss, setzt Distel seit 1965 auch Farbe ein. Mit dem geschmeidigen, fügsamen und neutralen Kunststoff Polyester, der zu jener Zeit gerade auf den Markt kam, hat Distel ein Material gefunden, mit dem sich die gewünschte Perfektion erzielen lässt, die für die Makellosigkeit von Form und Farbe essentiell ist. Ohne Sockel direkt auf dem Boden platziert entfalten diese elementaren Farbskulpturen eine suggestive Kraft und beeinflussen die Wahrnehmung des Raums.
Neben skulpturalen Werken aus Polyester (1965–1970) sind Fotoarbeiten aus den 1990er Jahren und Filme zu sehen. Ein Thema, mit dem sich Herbert Distel immer wieder beschäftigt, ist die Fiktionalität menschlicher Existenz. Dies wird z.B. deutlich im Selbstporträt Werde, der du bist, einer Fotografie aus dem Jahre 1992. Offensichtlich wird hier auch die Wandlungsfähigkeit und Experimentierfreudigkeit des Künstlers selbst, welche ihn immer wieder dazu veranlasst, seine Ideen mit neuen Materialien und Medien umzusetzen.
Seit 1974 experimentiert Distel mit den Medien Film und Video. In der Ausstellung sind Layla in Camp, Majnun lying without (1975), Die Reise (1987), die mehrfach ausgezeichnete Videorecyling-Collage die angst die macht die bilder des zauberlehrlings (1987–1993) sowie das erst kürzlich fertig gestellte Video DENK MAL (2007-2012) zu sehen.

Kurzfilme von Distel im Kino Kunstmuseum
Anlässlich der Ausstellung zeigt das Kinokunstmuseum am 1. und 2. September u.a. die Kurzfilme Das Telefon (1977), in dem eine Frau in sechs Minuten die Hälfte ihres Gewichts verliert, Marrons Glacés (1981) und Jimmy (1982).

Kontakt: Brigit Bucher, , T +41 31 328 09 21
Bilder: Marie Louise Suter, , T +41 31 328 09 53