Merets Funken. Surrealismen in der zeitgenössischen Schweizer Kunst, 19.10.2012 – 10.02.2013
Künstlerische Freiheit gestern und heute
Die grosse Herbstausstellung im Kunstmuseum Bern ist Auftakt zum Hommage-Reigen für Meret Oppenheim, welche im nächsten Jahr ihren 100. Geburtstag feiern würde und 2013 mit Ausstellungen in Wien und Berlin geehrt wird. Die Ausstellung spürt den Funkenschlägen von Meret Oppenheims Kunst und Gedanken nach, indem rund 50 Werke der herausragenden Surrealistin im Dialog mit Gemälden und Skulpturen der jungen Schweizer Künstler Maya Bringolf, Vidya Gastaldon, Tatjana Gerhard, Elisabeth Llach, und Francisco Sierra gezeigt werden.
Die Ausstellung im Kunstmuseum Bern stellt die Frage nach der internationalen Position der grossen Schweizer Künstlerin Meret Oppenheim und ihrem Einfluss auf die junge Schweizer Kunst. Die Ausstellung belegt die Lebendigkeit, Aktualität und Ausdruckskraft von Meret Oppenheims Werk.
Sich selber treu
Als junge Künstlerin in Paris bewegte sich Meret Oppenheim im surrealistischen Umfeld. Die kontroverse Kunstbewegung wurde für sie zum Experimentierfeld einer freien Ausdrucksweise, in der sie eigene Erlebnisse und ihre Erfahrungen mit der Lehre C.G. Jungs einfliessen lassen konnte. Sich mit Meret Oppenheim zu beschäftigen, heisst, sich mit einer faszinierenden Persönlichkeit und einem tiefgründigen Werk auseinanderzusetzen. Es zeigt sich, dass alles, was in der zeitgenössischen Kunst üblich geworden ist – interdisziplinäres Vorgehen, thematische und formale Vielfalt, ein breites Spektrum an Techniken und Materialien – in ihrem Werk bereits angelegt ist. Zugleich bewarte Meret Oppenheim sich die Freiheit einer immer wieder anderen Bildsprache. Sie ist nicht einem Stil oder einer Bewegung, sondern primär sich selbst treu geblieben. Ihre geistige und künstlerische Beweglichkeit und Selbstbestimmung wirken nach wie vor vorbildhaft, ohne dass sie es darauf angelegt hätte, ein Vorbild zu sein.
Absurd, irrational, traumähnlich
Bei Maya Bringolf, Vidya Gastaldon, Tatjana Gerhard, Elisabeth Llach und Francisco Sierra zieht sich das Surreale als roter Faden durch ihre Werke. Sie alle beschäftigen sich mit dem Absurden, Irrationalen und Traumähnlichen. Die jungen Schweizer Künstler könnten Urenkel von Meret Oppenheim sein, und doch verwenden sie dieselben Medien und Materialien und greifen ähnliche Motive und Themen auf. Auch ihnen geht es um die Realitäten hinter dem alltäglich Sichtbaren, um Spirituelles, um die Beziehung des heutigen Menschen zur Natur, um Fragen nach Impulsen der Kreativität, um Selbstverortung und um die Verarbeitung von seelischen Antrieben, die sich der Alltagslogik entziehen. Auch ihre motivische und atmosphärische Vielfalt entspricht derjenigen der berühmten Vorgängerin: Sie reicht von kindlich naiv anmutenden bis zu erotisch abgründigen und düsteren Darstellungen. Und auch sie bringen kritische Haltungen zum Ausdruck, selbst wenn sie sich in der poetischen Sprache ihrer Werke kleiden. Sie alle entwerfen Welten und reagieren in diesen Welten auf unsere Zeit.
In insgesamt sechs Ausstellungssälen sind eigens für die Ausstellung neue Installationen, Gemälde und Skulpturen der jungen Schweizer Kunstschaffenden entstanden. Die ‚Klassikerin’ Meret Oppenheim lässt sich in diesem Dialog mit der Gegenwart einmal mehr neu entdecken, ihre Kunst schärft dafür unseren Blick auf die Surrealismen heute.
Kontakt: Brigit Bucher, , T +41 31 328 09 21
Bilder: Marie Louise Suter, , T +41 31 328 09 53