Im Rahmen der Ausstellung Otto Nebel
Aktionslesung der Mundwerkstadt mit Dr. Bernd Seydel
Bernd Seydel wendet sich in einer Aktionsleseung dem dichterischen Kern Otto Nebels zu: „Für Fugengegner nur eine Urne Teer: 9-12-16 und das poetische Prinzip der Runenfugen bei Otto Nebel“.
Unter Runenfugen verstand der künstlerisch vielseitig begabte Otto
Nebel eine ganz besondere Art von Dichtung. Im Gegensatz zur Sprache des Alltags verwendete er nicht sämtliche Buchstaben des Alphabets.
Vielmehr suchte er die Vielfalt in der Beschränkung. Seine erste große
Runenfuge „Unfeig“ nutzt nur neun Buchstaben: drei Vokale, sechs
Konsonanten. Doch statt allerlei Unsinnigkeiten zeigte sich dem Dichter
ein ganz eigenwilliger Kosmos.
Im Mittelpunkt fand er die „funfzig Irren“, die er höchst amüsant mit
ihren ziemlich verdrehten Eigenschaften vorführt – sehr zum Zorn seiner
Zeitgenossen, die sich darin trefflich geschildert sahen.
Später hat Otto Nebel zwei weitere Runenfugen geschrieben: „Das Rad der
Titanen“ und das unvollendete Werk „Sternendonner“. In ihnen erkundet er den Tiefsinn der Sprache und gewinnt daraus eine durchaus überraschende Heiterkeit.
Die Aktionslesung der Mundwerkstadt mit Bernd Seydel führt auf
vergnügliche Weise in das Runenuniversum Nebels. Wenn Seydel seinen Mund
eröffnet, tanzen die Worte und die Sprachklänge schlagen Purzelbaum.
Dass man nebenbei eine ganze Menge über Sprache und Dichtung, Dichter
und Runenfugen lernt, nimmt Seydel gerne in Kauf.