Bill Viola: Passions, 11.04.-20.07.2014
Menschliche Grunderfahrungen bildkräftig inszeniert
Bill Viola (geb. 1951 in New York) gilt als einer der international anerkanntesten Vertreter der Videokunst. Gemeinsam mit dem Münstergemeinde Bern präsentiert das Kunstmuseum Bern die erste Einzelausstellung des Ausnahmekünstlers in der Schweiz seit 1993 im Musée cantonal des Beaux-Arts Lausanne. Während im Berner Münster die neueren Videowerke spirituellen Inhalts im Zentrum stehen, präsentiert das Kunstmuseum Bern frühe Werke aus der hauseigenen Sammlung, welche den wahrnehmungstheoretischen Fragen der Videokunst gewidmet sind.
Seit mehr als 30 Jahren erschafft Bill Viola Videoinstallationen, Sound-Environments, elektronische Musikperformances und Fernsehproduktionen. Er hat einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung von Video als einem zentralen Medium der zeitgenössischen Kunst geleistet und hat dessen Spektrum in Bezug auf die Technologie, die Inhalte und die historischen Bezüge erweitert.
Hinwendung zu spirituellen Fragestellungen
Violas Videoprojektionen umhüllen den Betrachter in Bild- und Tonwelten, die
mit neuester Technologie erstellt werden und die sich durch ihre Präzision und
Bildkraft auszeichnen. Seit den 1990er-Jahren ist in Violas Werk eine
verstärkte Hinwendung zu universell menschlichen Erfahrungen und spirituellen
Fragestellungen auszumachen. Er setzt sich mit Grunderfahrungen des
menschlichen Seins wie Geburt, Erinnerung, Tod und Bewusstwerdung auseinander. Viola hat in den 1970er-Jahren einen interdisziplinären
Studiengang in Bildender Kunst und elektronischer Musik an der Syracuse
University in New York und in den Experimental Studios am College of Visual and
Performing Arts absolviert. Er belegte Lehrveranstaltungen in östlicher Philosophie,
Wahrnehmungstheorien, Physik, Elektronik, Religion und Mystik – Themen also,
die auch heute noch in seinem Werk aufscheinen. Doch werden die Menschen
in seinen Werken ungeachtet ihrer kulturellen, historischen oder religiösen
Verhaftung von ähnlichen existenziellen Fragen umgetrieben.
Überblick über das reichhaltige Schaffen des Bildmagiers Viola
Das Kunstmuseum Bern hat schon in den 1990-er Jahren Werke von Viola angekauft
und damit einen Pionier der Videokunst in seiner Sammlung verankert. Die vier
für die Ausstellung ausgewählten Werke – ein bis zwei Videoprojektion pro Raum
über das Museum verteilt – zeigen Bill Violas Beschäftigung mit den Phänomenen
der Sinneswahrnehmung und mit ihrem Anteil an der Selbsterkenntnis des Menschen.
Im Berner Münster werden fünf neuere Arbeiten des Bildmagiers gezeigt, die Themen
wie Reinigung, Wandlung, Leiden und Anteilnahme in den Fokus nehmen. Die beiden
Ausstellungsorte zusammen machen Violas stilistische und inhaltliche
Entwicklung sichtbar und bieten einen Überblick über das reichhaltige Schaffen
des amerikanischen Künstlers.
Eindrucksvolle Dialog von Tradition und Gegenwart
Mit seinen Videoarbeiten reiht sich Viola ein in die lange Tradition der
Menschendarstellungen und der existentiellen Themen in der Kunst. In der
eindrucksvollen Umgebung des Berner Münsters treten die lyrischen Videofilme
von Bill Viola in einen Dialog mit den christlichen Darstellungen von
Leidenserfahrungen in Glasmalerei und Skulptur, die heute für viele schwer zu
deuten sind. Der Ausstellungstitel Passions bezieht sich nicht nur auf die Passionszeit, in die die Eröffnung der
Ausstellung fällt, sondern auch auf die Passion als urchristliche Erfahrung und
auf den Umstand, dass sich Menschlichkeit vor allem im Umgang mit Schmerz und
Unglück artikuliert. Viola greift aber nicht rein christliche Themen auf, er zeigt
weltliche Erlebnisse und Ereignisse, welche durch die Gegenüberstellung mit
traditionell christlicher Kunst im religiösen Kontext des Berner Münsters tiefere
Einsichten in das Leben und das Menschliche eröffnen. Damit erschliesst Viola die
Tradition dem zeitgenössischen Publikum neu und belebt sie mit neuen
Erzählungen.
Kontakt: Brigit Bucher, , T
+41 31 328 09 21
Bilder: Marie Louise Suter, , T +41 31 328 09 53