Das Autobiografische in der Gegenwartskunst
Inszenierung des eigenen Lebens
Die Ausstellung Ego Documents zeigt Gegenwartskunst von Künstlerinnen und Künstler, die ihr eigenes Leben zum Thema ihrer Werke machen. Zu sehen sind autobiografische Videofilme, Fotografien, Druckgrafiken, Zeichnungen, Installationen, Malerei und eine Diaschau. Auffällig sind dabei die verschiedenen Strategien im Umgang mit dem Autobiografischen, die von der Selbstdokumentation bis zur Pflege des eigenen Images reichen. Ego Documents ist die erste Ausstellung von Kathleen Bühler als Kuratorin der Abteilung Gegenwart.
Zu welchem Zweck offenbaren Künstler und Künstlerinnen Privates
aus ihrem Leben? Geht es nur darum, die Neugier und Sensationslust des
Betrachters zu bedienen? Oder gibt es soziale und vielleicht sogar
politische Gründe für die Preisgabe von Intimem? Was geschieht, wenn
Künstlerinnen und Künstler Tagebuch schreiben, Familienschnapp-schüsse
machen und Ferienfilme drehen? Ist es Kunst oder bleiben es private
Erinnerungsstücke? Solchen und ähnlichen Fragen spürt die Ausstellung
Ego Documents nach.
Erinnerungen künstlerisch aufbereitet
Rund hundert Werke aus den letzten 40 Jahren belegen, dass das
Autobiografische in der Gegenwartskunst verschiedenste Formen annimmt.
Die mediale Vielfalt reicht von Videofilmen, Fotografien, Druckgrafiken, Zeichnungen, Installationen, Malerei und einer Diaschau bis zur
Performance. Die in der Ausstellung vertretenen Künstlerinnen und
Künstler arbeiten dabei mit Techniken der Selbstdokumentation, die aus
dem Alltag bekannt sind wie Tagebuch oder Briefe schreiben, Fotoalben
anlegen, Ferienfilme drehen oder Erinnerungsstücke sammeln. Zentral für
autobiografische Kunstwerke ist der bewusste Umgang der Kunstschaffenden mit Erinnerungen und der Wille, die eigene Lebens-erfahrung in ein
künstlerisches Erlebnis für den Betrachter umzuwandeln.
Von der Selbstdokumentation bis zur narzisstischen Selbstdarstellung
In den gezeigten Ego Documents geht es nicht um blosse
Selbstpreisgabe. Künstlerinnen und Künstler präsentieren verschiedenste
Vorstellungen vom Ego, von der Identität und der Erfahrung. Sie wenden
vielfältige Strategien im Umgang mit dem Autobiografischen an. Einige
Kunstschaffende dokumentieren das eigene Leben und fassen es in eine
Geschichte, um so den Erfahrungen Sinn abzugewinnen. Teilweise stellen
sie ganze Prozesse der Identitätsfindung in ihren Werken dar. Andere
forschen nach Spuren der «grossen» Geschichte, z.B. einem Bürgerkrieg,
in der eigenen «kleinen» Geschichte. So erscheinen kulturspezifische
Momente in vermeintlich privaten Zeugnissen. Wiederum andere
Künstlerinnen und Künstler beschäftigen sich in ihren Werken mit der
eigenen Vergänglichkeit und damit, was vom Leben übrig bleibt. Die
Ausstellung zeigt aber auch, dass autobiografische Werke ebenfalls
narzisstische Selbstdarstellungen sein können oder der eigenen
Image-Pflege dienen können.
Die Ausstellung Ego Documents wurde von Kathleen Bühler
konzipiert. Sie setzt damit ein erstes Zeichen ihrer kuratorischen
Tätigkeit für die Abteilung Gegenwart.
Künstlerliste: Darren Almond, Sadie Benning, Louise Bourgeois, Annatina Graf, Mona Hatoum, Xiaoyuan Hu, On Kawara, Martin Kippenberger, Isabelle Krieg, Elke Krystufek, Laura Lancaster, Nicolas Nixon, Jan Peters, Jack Pierson, Anri Sala, Vittorio Santoro, Carolee Schneemann, Annelies Strba, Ana Strika, Pascale Wiedemann / Daniel Mettler.